Kurt Bodewig Bundesminister a.D.

Bedeutung des Ostseeraums für den Wirtschaftsstandort Hamburg

09.09.2009

Sehr geehrte Damen und Herren, ich danke Ihnen herzlich für diese Einladung, hier und heute vor Ihnen sprechen zu dürfen. Umso mehr, weil es heute um ein sehr spannendes Thema geht: über Hamburg und seine vielseitigen Verbindungen zur Ostseeregion.

Auf den unterschiedlichsten Ebenen beschäftige ich mich mit diesem Thema und erlebe, dass diese Verbindungen in der letzten Zeit an Bedeutung gewonnen haben: Als Vorsitzender des BALTIC SEA-FORUMS, als Maritimer Botschafter bei der EU-Kommission und als Mitglied der Ostseeparlamentarierkonferenz.

Als gemeinnützige, politisch neutrale Nicht-Regierungsorganisation trägt das BALTIC SEA FORUM bereits seit 1992 dazu bei, dass die Themen Zusammenarbeit und Integration in Wirtschaft, Politik und Kultur nicht nur Lippenbekenntnisse bleiben, sondern eine aktive Kontakt-, Kommunikations- und Projektplattform bekommen.

Nach 2004, nach der Ost- und Ostsee-Erweiterung der EU, findet die Tätigkeit des BALTIC SEA FORUMS innerhalb eines europäischen Binnenmeeres statt. Außer Russland sprechen nun alle Anrainerstaaten mit einer europäischen Stimme, die sich in Brüssel Gehör verschafft.

Die europäische Stimme der Ostseeanrainer zu stärken und ein europäisches Gesamtkonzept im Sinne einer integrierten Meerespolitik zu entwerfen, ist eine Aufgabe des Maritimen Botschafters der Europäischen Kommission. Ich habe dieses Amt seit September 2007 und vertrete die wirtschaftlichen und ökologischen Belange der Ostseeregion gegenüber der EU.

Ostsee und Finanzkrise

Wir leben in stürmischen Zeiten dieser Tage. Manches Schiff auf hoher See schwankt bedrohlich. Doch gerade in diesen Zeiten, in den Zeiten der weltweiten Krise, der wirtschaftlichen Turbulenzen gewinnen Regionen wie die Ostsee eine immer wichtigere Rolle in der Welt. Die Ostsee ist kein Meer der hohen Wellen, sondern der ruhigen Entwicklung. Selbst in den stürmischen Zeiten der Finanzkrise erweist sich die Ostsee als ruhiger Hafen der Entwicklung und des Fortschrittes.

Politik – Ostsee

Die Ostseeregion ist heute eine der am stärksten entwickelten und integrierten Regionen unter den transnationalen großen Regionen Europas. Das bestehende Netzwerk der unterschiedlichen Akteure ist beispielhaft und einmalig in Europa. Die Integration der neuen EU-Mitgliedstaaten ist hierdurch erheblich befördert worden. Mit der EU-Erweiterung 2004 hat sich das Kooperationsfeld erheblich verändert. Russland, Norwegen und Island sind nunmehr einzige Nicht-EU- Staaten im Ostseerat.

Die Erweiterung der EU 2004 hat die Ostsee fast zu einem EU-Binnenmeer gemacht. Diese nordeuropäische Region ist gekennzeichnet von einer hohen Wettbewerbsfähigkeit, einem überdurchschnittlichen Qualifikationsniveau und einem dichten Netz von Universitäten und Forschungseinrichtungen, einer weltweit führenden Position in der Nutzung und Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnologien, einer dichten Verflechtung der nationalen Binnenökonomien sowie einem stetig wachsenden Transportaufkommen.

Die Europäisierung hat im Ostseeraum eine große Vielfalt an Netzwerken und Organisationen und Institutionen hervorgebracht. Dies muss weiterhin als Stärke in der Region zum Ausdruck kommen! (Bündelung der unterschiedlichen Formen der Zusammenarbeit auf Regierungsebene, durch NGOs, innerhalb der EU-Kommission, Ebene der Parlamente etc.)

Ostsee – Zahlen / Zusammenwachsen der Märkte

Die an die Ostsee grenzenden EU-Länder umfassen ein Drittel der Bevölkerung und ebenso ein Drittel des Bruttosozialprodukts der EU. In dem vom Weltwirt- schaftsforum herausgegebenen „Global Competitiveness Report“ werden die nordischen Länder Finnland, Schweden, Dänemark und Norwegen seit Jahren unter den TOP 10 im Ranking der weltweit wettbewerbsfähigsten Länder geführt.

Der Wettbewerb der Regionen in Europa nimmt zu. Die Herausforderungen in der Ostseeregion ebenso. Die Menge der zu transportierenden Güter und Waren nimmt zu. Die Ostsee selbst ist – vor allem von Land aus – zunehmend einer Ver- schmutzung und Einleitung von Abwässern und Schadstoffen ausgesetzt. Sie wieder zu reinigen und umfassend zu schützen wird lebenswichtig für alle Ostseeanrainerstaaten sein. Die grenzüberschreitenden Arbeitsmärkte der Region wachsen zusammen. 2011 ist die Niederlassungsfreiheit und Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der EU voll erreicht. Bereits heute haben Zehntausende von Beschäftigten einen Arbeitsplatz in einem Nachbarland innerhalb der Ostseeregion.

Eine sichere und saubere Ostsee, eine ökonomisch starke und innovative Ostseeregion, stabile Gesellschaften mit sozialer Verantwortung, ein zukunftsträchtiges und nachhaltiges Netzwerk der Zusammenarbeit, das sind die Maxime für eine erfolgreiche Entwicklungsstrategie in der Region. Noch stärker als bisher wird es notwendig sein, dass die Ostseeregion in Brüssel mit einer Stimme spricht, um ihre Interessen wirkungsvoll zu vertreten.

Dies wird besonders wichtig bei dem Vorhaben von HELCOM (Helsinki Kommission zum Schutz der Meeresumwelt des Ostseegebiets), mit dem „Baltic Sea Action Plan“ einen eigenen Beitrag zur EU-Meeresschutzstrategie zu gestalten. Der Ostseeraum hat das Potential, sich zu einer europäischen Modellregion zu entwickeln!

Bündelung der Kompetenzen

Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, ist es erforderlich, dass die acht EU-Ostseeanrainer, die Institutionen der EU und die verschiedenen Organisationen, die in der Region arbeiten, noch enger miteinander kooperieren. Das schließt den Ostseerat, die Ostseeparlamentarierkonferenz, die Gremien der regionalen Zusammenarbeit der Ostseeregion, die Vereinigung der Ostseestädte, die Helsinki- Kommission und nicht zuletzt den Nordischen Ministerrat mit ein. Hinzu kommt die Integration in die Nördliche Dimension mit der Einbeziehung der strategischen EU-Russland-Partnerschaft.

Im Juni hat die Kommission IHRE Ostseestrategie vorgestellt. Ich begrüße dieses Konzept und werde später noch näher darauf eingehen!

Lassen Sie mich eines schon jetzt sagen: Deutschland ist auf gutem Wege, seine internationale Wettbewerbsfähigkeit als starker Standort für den maritimen Bereich - für Schiffbau und Meerestechnik, Seeschifffahrt und Hafenwirtschaft zu festigen und auszubauen!

Hamburg

Eine zentrale Position in einer solchen Region nimmt dabei Hamburg ein, die mit ihren 1,7 Mio. Einwohnern zu den größten Städten der Ostseeregion gehört!

Im Rahmen der Ostseekooperation besitzt Hamburg herausragende Stärken.

Die Ostsee war nicht immer ein Meer des Friedens und der Entwicklung, sondern eine Nahtstelle im Konflikt zwischen dem Warschauer Pakt und der NATO. Noch in den 90er Jahren bangten die baltischen Länder um ihre Souveränität. Das Mißtrauen der Polen gegenüber einer von Russland dominierten Ostsee war groß.

Politische Dimension

Vieles hat sich in den letzten Jahren zum Postiven gewandelt. Nicht zuletzt durch den Aufbau von gemeinsamen Organisationen wie den Ostseerat oder der Ostseeparlamentarierkonferenz. Sie haben neue Rahmenbedingungen der Verständigung geschaffen, indem sie auf Außenminister- und parlamentarischer Ebene die Zusammenarbeit verstärkt haben.

Doch die Ostseepolitik ist immer noch Sache der Nationalstaaten. Sie besitzen eigene Interessen und Machtansprüche. Es gibt skandinavische, baltische, polnische sowie deutsche und russische Interessen. Letztere führen oft zu Irritationen, wenn nicht gar zu Konflikten. Ein Beispiel ist die Ostseepipeline zwischen Russland und Deutschland, die von Polen und von den baltischen Staaten kritisiert wird.

Gerade hier kann eine Stadt wie Hamburg mit ihrer eigenen Ostseepolitik eine Alternative aufbieten. Obgleich Hamburg keine Außenpolitik betreibt, dürfen der Senat und die Politiker Außenbeziehungen zu anderen Staaten und Regionen pflegen. Das Wort Beziehungen verdeutlicht schon den Inhalt dieser Politik: Es geht darum, Vertrauen aufzubauen, neue Kontakte zu knüpfen und die Zivilgesellschaften in der Ostseeregion zu verbinden. Denken Sie nur an 52 Jahre Städtepartnerschaft zu St. Petersburg!

Hamburg - Wirtschaft

Aber politisches Vertrauen ist nicht der einzige Pluspunkt Hamburger Ostseepolitik. Eine Stärke ist die Wirtschaftskraft der Hamburger Metropolregion.

Mit einem BIP von rund 45.000 EUR pro Kopf (hiermit ist Hamburg bundesweit Spitzenreiter) und 89 Mrd. EUR insgesamt ist Hamburg die viertstärkste Wirtschaftsregion innerhalb der EU. 43 der 500 umsatzstärksten deutschen Unternehmen haben hier ihren Hauptsitz. Außerdem hat Hamburg den größten Seehafen in Deutschland und ist gemessen am Containerumschlag im Jahr 2007 mit einem Rekordergebnis von 9,89 Millionen Containern (TEU) der zweitgrößte Hafen in Europa und der achtgrößte Hafen weltweit. Bruttoinlandskraft und Hafenleistung machen deutlich, wie attraktiv Hamburg für die Ostseeregion ist.

Beim Gesamtumschlag des Hamburger Hafens spielen die Ostseeanrainer eine bedeutende Rolle. Transportgüter gelangen durch Zubringerschiffe zu den Ostseehäfen. Auf diesem Wege wird ein großer Teil der Ladung aus China, dem wichtigsten Marktpartner des Hamburger Hafens in den Ostseeraum transportiert.

Heute profitiert auch die Ostseeregion von dieser Situation, denn Hamburg besitzt den einzigen transatlantischen Tiefseehafen der Ostseeregion und übernimmt somit eine Drehkreuzfunktion für den Handel zwischen Asien und den Ostseestaaten. So laufen von insgesamt 40 Containerdiensten zwischen Nordeuropa und Asien 32 direkt Hamburg an.

Zu den zehn wichtigsten Handelspartnern des Hamburger Hafens zählen vier Ostseeanrainerstaaten - Finnland, die russische Föderation, Schweden und Polen. Finnland gilt immer noch als das Tor nach Russland, weil dort die Verkehrsinfrastruktur über die Jahre zielgerichtet ausgebaut wurde.

Zudem weist der Handel mit anderen Ländern wie Dänemark oder den drei baltischen Ländern zweistellige Wachstumsraten auf.

Weiterhin ist Hamburg Teil eines der wichtigsten kontinentalen Wirtschafts- und Verkehrsräume von Europa: der gelben Banane. Sie erstreckt sich von Hamburg über Amsterdam und Brüssel bis nach Paris. Demnach ist Hamburg auch ein kontinentaler Knotenpunkt für die Ostseeanrainerstaaten.

Durch die Fehmarn-Belt Überquerung wird diese Region noch weiter zusammenrücken; ca. 12.000 Autos werden 2018 täglich die Fehmarn-Beltbrücke nutzen- doppelt so viele wie zurzeit. Gerade als Logistikzentrum und Drehschreibe für Handel und Verkehr im Ostseeraum wird Hamburg von dieser neuen Dynamik profitieren.

Hamburg als größter deutscher Seehafen ist in seiner Funktion als Drehscheibe im weltweiten Außenhandel eng mit der Konjunkturentwicklung und der Handeslsströme verbunden. Die Verbindung zwischen der Ostsee und Hamburg hat Tradition. Ihre Wurzeln reichen bin in die Hanse zurück.

Der weltweite Konjunktueinbruch geht natürlich auch am Hafen nicht spurlos vorbei: Der Seegüterumschlag bleibt im ersten Halbjahr 2008 unter Vorjahresniveau. Der Containerumschlag ist im ersten Halbjahr um mehr als 30% eingebrochen. Er fertigte von Januar bis Juni rund 3,6 Millionen TEU (20 Fuß-Standardcontainer) ab.

54 Millionen Tonnen Güter wurden umgeschlagen, ein Rückgang von minus 24%. Russland und China als Matrktpartner sind im letzten Jahr eingebrochen. Wir sollten aber nicht vergessen, dass dieses Negativwachstum von einem sehr hohen Niveau ausgeht. Trotz der negativen Ergebnisse ist der Hafen optimistisch, dass die Talsohle erreicht wurde. Wir rechnen mit einer Stabilsierung in der zweiten Jahreshälfte. Denn schon von April bis Juni ist eine leichte Steigerung im Containerverkehr eingetreten.

Hamburg ist zwar im Augenblick in Europa hinter Rotterdam und Antwerpen „nur“ die Nr. 3. Aber wir alle werden daran arbeiten, die Nr. 1 zu werden.

Die Zahlen sprechen dafür: Deutsche Reeder verfügen mit über 3.300 Schiffen über die drittgrößte Seehandeslflotte weltweit hinter Japan und Griechenland. Bei der Containerflotte belegen sie Platz 1 weltweit.

Meines Erachtens könnte und sollte Deutschland seine weltweite Spitzenposition im Außenhandel auch über die Seehäfen wahren!

Auch vor den Toren des Nord-Ostsee-Kanals macht die Wirtschaftskrise nicht halt. Auch hier ist die Talfahrt beendet. Die Ladungsmenge hat im Jahr 2008 erstmals die 100-Millionen-Tonnen Grenze übertroffen. Mehr als 42.000 Schiffe paasierten den rund 100 km langen Kanal – die meist befahrene Wasserstraße der Welt in 2008. Die Zahlen für 2009 waren im ersten Halbjahr mehr als ein Drittel geringer als im Vorjahreszeitraum. Aber auch hier steigt seit April die Zahl der Schiffe im Durchgangsverkehr.

Die Zahlen verdeutlichen, dass der Kanal von der dynamischen Wirtschaftsentwicklung im Ostseeraum profitiert. Die vor einem Jahr verkündete Entscheidung des Bundes, den Ausbau der Oststrecke sowie den Schleusenneubau in Brunsbüttel muss nun wirklich zeitnah umgesetzt werden. Hier zählt jeder Tag!

Umgekehrt stellt die Ostseeregion auch einen interessanten Wirtschaftsraum für Hamburg dar, denn die Ostseeregion ist eine prosperierende Region mit nachhaltigem Wachstum: nachhaltig für die Umwelt - aber auch nachhaltig im Sinne einer ökonomischen und stabilen Entwicklung.

So wird die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der neuen EU-Ostseemitglieder Polen und der baltischen Länder von 2006 bis 2030 durchschnittlich ca. 4% betragen. In diesen Ländern wird das Pro-Kopf-Einkommen von 2006 bis 2030 um über 100% steigen! So etwa in Polen von 4500 Euro auf 11014 Euro im Jahr 2030 oder in Litauen von 2900 auf 8151. Selbst die (traditonellen) Ostseeländer weisen interessante Wachstumsraten auf. Zwar beträgt das durchschnittliche Wachstum hier nur ca. 2%, aber Schweden, Finnland, Dänemark und ihr Nachbarsstaat Norwegen werden im Jahr 2030 ein durchschnittliches Pro-Kopfeinkommen von ca. 50.000 Euro haben. Aufgrund der hohen Innovationsfähigkeit der Ostseeregion wird dieses Wachstum nicht zu Lasten der Umwelt gehen!

Ostsee-Kooperation

Die Ostsee-Kooperation der letzten Jahre hat dazu beigetragen, die Zusammenarbeit von EU-Mitgliedstaaten im Ostseeraum, den Beitritt von Ostseeanrainerstaaten in die EU und die Entwicklung der Partnerschaft mit Russland positiv zu gestalten. Aber das reicht nicht aus: die Kooperation zwischen den Partnern fehlt!

Eine gut dreijährige Diskussion, an der ich mich als Vorsitzender des BSF mehrmals auf verschiedenen Ebenen beteiligt habe, hat nun einen respektablen Abschluss gefunden. Im Juni hat die Europäische Kommission die Ostseestrategie vorgestellt. Mit der Strategie strebt die EU für den Ostseeraum erstmals in ihrer Geschichte eine Strategie auf „makroregionaler“ Ebene an. Und ich bin optimistisch, dass sie im Oktober vom Europäischen Rat verabschiedet wird. Sicherlich wird es an manchen Stellen noch Änderungen, Ergänzungen und Aktualisierungen geben!

Mit der Ostseestrategie verpflichten sich die Anrainerstatten enger bei der Entwicklung ihrer Region zusammen zu arbeiten und das enorme Entwicklungspotential dieser Region voll auszuschöpfen.

Schwerpunkt der Strategie sind Umwelt, Wirtschaft, Infrastruktur und (zivile) Sicherheit. Konkret bedeutet das: Bei der Umwelt ist ein wichtiger Schwerpunkt der Erhalt des Ökosystems und der Biodiversität. Im Bereich der Wirtschaft ist ein Kernpunkt die Förderung der Innovationsfähigkeit und der Wirtschaft.

Bei der Infrastruktur ist die Überwindung der historischen Teilung der Energie-Netze und der damit verbundenen Energieversorgungssicherheit ein Kerngedanke. Die Schaffung eines gemeinsamen Energienetzes ist dringend erforderlich.

Bei der Sicherheit geht es zum Beispiel um die Schiffssicherheit und Verkehrsüberwachung sowie um die Schaffung ausreichender Krisenreaktionskapazitäten.

Ein elementares Innovationsfeld der Zukunft ist die Energieversorgungssicherheit. Sie muss in den kommenden Jahren Priorität haben. Der zügige Ausbau des Anteils erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung, der massive Ausbau von Offshore Windparks, der verstärkte grenzüberschreitende Stromtransfer und neue konventionelle Kraftwerke machen aus meiner Sicht den zügigen Ausbau des Höchstspannungs-Übertragungsnetzes (Supergrids) in Europa erforderlich. Noch ist die grenzüberschreitende Durchleitung innerhalb von Europa schwierig, weil die Übertragungskapazitäten an den Grenzen zu gering sind und Energie verloren geht. Durch höhere grenzüberschreitende Transportkapazitäten kann der Stromhandel mit den Nachbarländern erleichtert werden, was auch den Konsumenten in Europa zugute kommt.

Gerade die aus der Blockkonfrontation entstandene Spaltung der Energieversorgung zwischen West- und Osteuropa muss aufgehoben werden. Es ist ein Anachronismus, dass die Baltischen Staaten immer noch keine durchgehenden Stromversorgungsleitungen in Richtung Westeuropa haben. Projekte das bestehende Estlink-Stromkabel zwischen Estland und Finnland und andere in der Ostsee geplante Kabelverbindungen sind notwendige erste Maßnahmen!

Neben der Verminderung der Energieverluste beim Transport, der Einspeisung und der Speicherung von Strom ist ein weiterer wichtiger Punkt die Sicherheit bei der Gasversorgung. Momentan bezieht Europa etwa 24 Prozent seiner Gaslieferungen aus Russland. In diesem Zusammenhang ist das prominente Nordstream-Pipeline-Projekt durch die Ostsee von besonderer Bedeutung – nicht nur für Deutschland, sondern auch für Westeuropa! Um nicht in Abhängigkeit von einem einzelnen Lieferanten zu geraten, fördert die EU das Nabucco-Pipeline-Projekt, das von der Osttürkei durch Rumänien, Bulgarien und Ungarn nach Österreich führen soll. Das Nabucco-Projekt ist ein notwendiger zusätzlicher Kanal für die Gasversorgung und ein wichtiges Zukunftsprojekt zur Diversifizierung der Gasversorgung in Europa. Es steht aber in Konkurrenz zum Blue-Stream-Projekt.

Mit dieser positiven Zukunftsaussicht schließe ich und bedanke mich bei Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!